22. November 2024 - 21. März 2025

19. November 2024

Frauen in der Wirtschaft und im IT-Sektor

Oder: Wie viel Quote braucht man(n) wirklich?

Die Frauenquote wird kommen, so viel steht fest. Auch wenn die Regierungsparteien noch im April dagegen gestimmt haben, ist eine Bewegung bei der Koalition zu erkennen. Spätestens ab 2020 soll es eine 30-Prozent-Quote für Frauen in DAX-Aufsichtsräten geben. Bis es soweit ist, wird sich mit der sogenannten Flexi-Quote ausgeholfen.

Doch unabhängig davon, ob, wann und in welcher Form die Frauenquote kommen wird, ist allein die Forderung danach ein Indikator für einen (zu) geringen Anteil an Frauen in Führungspositionen. Die Gründe dafür sind vielschichtig. Das Fundament scheint oftmals aber schon in der Ausbildung gegossen. Zumindest scheinen bestimmte Studiengänge von vornherein geschlechtsspezifisch festgelegt zu sein. Wenn Frauen studieren, dann in der Regel eine Geisteswissenschaft, Medizin, Jura, BWL oder VWL. In den sogenannten MINT-Fächern sind Frauen hingegen stark unterrepräsentiert. MINT, das bedeutet Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik. In Zahlen ausgedrückt bedeutet das, dass der Frauenanteil im Studiengang Ingenieurswissenschaften im Jahr 2011 bei 20,8% lag. Im Studienbereich Maschinenbau waren es 2011 sogar nur 17,5%. Bei Elektrotechnik lag der Frauenanteil bei gerade mal 9,3%. In der Informatik bei 16,8%. Nur bei Mathe und Chemie lag der Frauenanteil bei etwas über 40%. Und was sagt uns das? In erster Linie, dass die MINT-Fächer Männerdomänen sind. Das kann, muss und wird sich in Zukunft ändern. Wenn auch vorerst nur langsam. Dennoch sind Frauen in MINT-Berufen mittlerweile gefragter als jemals zuvor. Die Firmen in den entsprechenden Branchen versuchen stärker denn je, die Arbeitsbedingungen für Frauen angenehmer zu machen, bessere Netzwerke zu initiieren, Frauen bei der Kinderbetreuung zu unterstützen und ganz grundsätzliche Dinge wie Gehalts- und Chancengleichheit zu schaffen. Die Industrie scheint sich auf dem richtigen Weg zu befinden. Auch ohne feste Quote.

Gerade im IT-Sektor, der sowieso schon unter Fachkräftemangel zu leiden hat, sind Frauen besonders rar. Das liegt mitunter an der schlichten Tatsache, dass es, wie weiter oben bereits angedeutet, schlicht viel weniger Frauen als Männer gibt, die eine Ausbildung in einer solchen Branche anstreben. Es liegt mitunter aber auch an den Klischees und Vorurteilen, die der IT-Sektor mit sich bringt. Nichtsdestotrotz sind Frauen (mittlerweile) die gefragteren High Potentials, die es in der Branche durchaus bis ganz nach oben schaffen können.

 

Was können Branchen und Ausbildungsstätten tun, um die IT für Frauen attraktiver zu gestalten und ihnen eventuelle Ängste zu nehmen?

Die Frage nach einer höheren Anzahl an Frauen in Führungspositionen im IT-Sektor ist nicht zwangsläufig die nach einer Quote. Es müssen sich von vornherein einfach mehr Frauen für einen solchen beruflichen Werdegang entscheiden. Es müssen Anreize entstehen – und es muss mit gängigen Klischees aufgeräumt werden. Noch viel zu häufig steht gesellschaftliche Stereotypie in einem viel zu engen Zusammenhang mit Ungleichheiten auf dem Arbeitsmarkt. Das alte Vorurteil des technisch versierten Mannes und der Frau mit den Kompetenzen im Sozialen ist tief in der Gesellschaft verankert. Tatsächlich ist soziale Kompetenz in der IT-Branche aber nicht weniger gut angesehen als woanders auch. Ein Mädchen, das gut mit Menschen umgehen kann, gehört nicht zwangsläufig in einen Pflegeberuf – auch in IT-Berufen ist dieses Talent durchaus gefragt, zum Beispiel im Kundensupport. Auch Bilder wie das des Computer-Nerds, der allein im abgedunkelten Kämmerlein sitzt und nächtelang an Programmen schreibt, müssen korrigiert werden. Schon lange hat IT nichts mehr mit spleenigem Einsiedlertum zu tun. Nicht selten reisen Mitarbeiter von Meeting zu Meeting, von Kunde zu Kunde, von Ort zu Ort.

Die aufklärerischen Grundlagen müssen also bereits an den Schulen und Universitäten gelegt werden. So geht die Hochschule Bremen mit gutem Beispiel voran und hat den Internationalen Frauenstudiengang für Informatik geschaffen. Um bereits bei Kindern und Jugendlichen das Interesse an den MINT-Berufen zu wecken, wurde der Girls’ Day ins Leben gerufen. Hier können verschiedene IT-Unternehmen auf junge Mädchen zugehen und sie für entsprechende Berufe oder Studiengänge sensibilisieren und interessieren. IT-Arbeitgeber engagieren sich zusehends für die Förderung weiblicher Mitarbeiter. So bietet Google zum Beispiel Stipendien für talentierte Studentinnen an und IBM hat das German Women’s Leadership Council ins Leben gerufen. Ein Gremium, das sich gezielt mit der Förderung von Frauen und Chancengleichheit befasst.

In den Führungsetagen hat man bereits erkannt, dass Frauenförderung durchaus auch im eigenen Interesse liegt. Denn mittlerweile ist bewiesen, dass divers aufgestellte Unternehmen erfolgreicher agieren. Und auch ohne Quote tut sich in der Führungsriege so einiges. Der Frauenanteil stieg in den 30 Dax Konzernen nachweislich und deutlich an. Bei 17 Konzernen hat der Frauenanteil in Führungspositionen einen zweistelligen Zuwachs erfahren (im Vergleich zu 2010). Bei den Spitzenreitern liegt die Zuwachsrate sogar bei 40%. Mittlerweile sind 20% der Aufsichtsratsmitglieder weiblich, ebenso wie 8% der Vorstände. Auch wenn sich 8% nach wenig anhört, hat sich der Anteil damit im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt. Allein die Diskussion um eine Frauenquote hat also schon so viel Druck erzeugt, dass sie bereits jetzt erste Früchte trägt. Wie sinnvoll und effektiv die Quote aber am Ende sein wird, können wir wohl erst nach 2020 sagen. Bis dahin befindet sich die Branche in Punkto Gleichstellung und Frauenförderung auf einem sehr guten Weg.

 

Mehr Infos:

http://www.bild.de/geld/wirtschaft/facebook/30-unter-30-die-wichtigsten-frauen-der-tech-welt-30186552.bild.html

http://www.computerwoche.de/a/die-wichtigsten-it-frauen,1934389

http://www.welt.de/wirtschaft/article115460377/Managerinnen-pfeifen-auf-die-Frauenquote.html

https://www.deutschlands100.de/beruf-karriere/schwerpunktthemen/it-branche/frauen-in-der-it-branche.html

http://www.welt.de/debatte/kommentare/article115668090/Perverse-Effekte-einer-gesetzlichen-Frauenquote.html#disqus_thread

http://www.zeit.de/2013/16/ingenieurinnen-erfahrungen-beruf/seite-3

http://www.komm-mach-mint.de/MINT-Studium

http://www.morgenpost.de/politik/inland/article115422101/Die-Frauenquote-kommt-es-wird-nur-etwas-laenger-dauern.html


© www.erp4students.de   Donnerstag, 27. Juni 2013 10:39 Conrads
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